Historisches Gebäude

Eine neue Burg in einem alten Haus
Ein fachmännisches Gutachten über das ehemalige Schiffsmeisterhaus in Klosterneuburg besagt folgendes:
Das heutige Haus Wasserzeile 15 ging wahrscheinlich zu Beginn des 17. Jahrhunderts aus zwei Gebäuden hervor, die beide im Verlauf des 16. Jahrhunderts wohl auf unterschiedlichen Parzellen errichtet wurden. Ein älterer, spätmittelalterlicher Kernbau ist nicht auszuschließen, allerdings besteht derzeit keine Möglichkeit zur Überprüfung. Das Zusammenwachsen der beiden Bauten ist an der straßenseitigen Fassade durch unterschiedliche Gesimsformen und durch verschieden weite Abstände der Fensterachsen ablesbar.

Das Gebäude wird heute durch eine schmale Einfahrt betreten, in der rechts im Mauerwerk drei Sitznischen stehen. Diese mit flachen Segmentbogen überspannten Nischen dienten zum Warten auf den Hausherren und zum Durchführen von kleineren Geschäften.

Der Innenhof wird von einem vierseitigen, zweigeschoßigen Arkadengang gesäumt, wobei die rechte Seite etwas später errichtet wurde, wie an der Überschneidung des Arkadenjoches in der rechten hinteren Ecke des Hofes ersichtlich ist. Sowohl die Arkadenpfeiler im Erdgeschoß als auch die gedrungenen Säulen der Obergeschoßarkaden weisen ebenso wie die Form des Arkadengewölbes in das 16. Jahrhundert. Nur die Baluster des Geländers wurden im 20. Jahrhundert ausgetauscht, wobei die Sohlbänke erhalten blieben. Auch in den Bogenzwickeln des Obergeschoßes finden sich noch ornamentale Reste der ursprünglichen renaissancezeitlichen Fassadengestaltung.

Im hinteren Trakt liegen im Erdgeschoß die neuen Räumlichkeiten der Schlaraffen. Das freiliegende Mauerwerk zeigt die Verwendung von Bruchsteinen und Ziegeln (Mischmauerwerk), die als Netzmauerwerk (große Steine werden von kleinen Steinen oder Ziegeln umgeben) versetzt sind. Diese Versatztechnik verweist ebenso wie die Erdgeschoßgewölbe mit den leicht aufgeputzten Graten wieder in das 16. Jahrhundert.

Der Baubestand untermauert somit die an den Innenhoffassaden ablesbaren Datierungen 1555 bzw. 1604. Die neue Burg der Schlaraffen befindet sich damit in imposanten historischen Räumlichkeiten.

Mag. Doris Schön (Mittelalterarchäologin und Bauforscherin)